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Zusammenfassung
Obwohl sich die Rolle des Hundes in der Gesellschaft vom Gebrauchshund zum
Gefährten gewandelt hat, werden Hunden nach wie vor verschiedene Aufgaben,
darunter die Bewachungs- bzw. Sicherungsdienste, übertragen. Während
Diensthunde der Sicherheitsexekutive (einschließlich der Zollwache) und des
Bundesheeres im öffentlichen Interesse eingesetzt werden und sowohl Ausbildung
als auch Einsatz detaillierten rechtlichen Regelungen unterliegen, fehlen spezifische
Vorschriften für die Ausbildung von Hunden privater Halter sowohl auf rechtlicher als
auch auf institutioneller Ebene.
Da Grund zur Annahme besteht, dass die Aggressivität und damit die Gefährlichkeit
von Hunden durch die Schutzhundeausbildung (nunmehr Gebrauchshundeprüfung
ÖPO-1 bis ÖPO-3 bzw. Vielseitigkeitsprüfung für Gebrauchshunde), die im Rahmen
der Disziplin „Schutzdienst“ (nunmehr Abteilung C gemäß ÖPO-1 bis ÖPO-3) auch
einem Beiß- und Angriffstraining unterzogen werden, jedenfalls vorübergehend – d.h.
bis zum Abschluss der Ausbildung – erhöht wird, stellt sich die Frage, wie diese
Ausbildung im Lichte der einschlägigen Rechtsgrundlagen (insbesondere vor
dem Hintergrund tierschutzrechtlicher und sicherheitspolizeilicher Bestimmungen) zu
beurteilen ist.
Vorweg ist festzuhalten, dass sowohl die populäre als auch die wissenschaftliche
Literatur ein durchaus ambivalentes Bild der Schutzhundeausbildung zeichnet.
Schon der Zweck dieser Ausbildung wird auf der einen Seite als bloße sportliche
Betätigung mit geringer praktischer Relevanz beschrieben, während auf der anderen
Seite betont wird, dass die „echte“ Schutzhundeausbildung dem „zivilen
Bevölkerungsschutz“ diene.
Ebenso uneinheitlich werden die Methoden der Schutzhundeausbildung
dargestellt: Während einerseits die Auffassung vertreten wird, dass im Rahmen der
Schutzhundeausbildung lediglich der Beute- bzw. Spieltrieb des Hundes gefördert
wird, wird andererseits festgestellt, dass im Rahmen des Schutzdienstes auch der
Wehr- bzw. Verteidigungstrieb und das Angriffsverhalten des Hundes trainiert
werden. Fest steht, dass der Schutzdienst nach den geltenden Prüfungsordnungen
der großen Hundeverbände (ÖKV, DVH) ein Angriffs- und Beißtraining beinhaltet,
das in der Regel am Hetzärmel des Figuranten ausgeführt wird. Gegen die
Auffassung, dass allein der Hetzärmel als Schlüsselreiz geeignet sei, einen Angriff
des Hundes auszulösen, spricht jedoch der Umstand, dass auch Diensthunde der
Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres mit Hilfe dieses Requisits gerade für
den Ernstfall ausgebildet werden.
Dennoch wird die Schutzhundeausbildung nach allgemeiner Auffassung (z.B.
nach den Hundegesetzen der deutschen Bundesländer) nicht mit einer
gefahrenbegründenden (und daher verbotenen) Aggressionsdressur
gleichgesetzt. Begründet wird dies vor allem damit, dass die
Schutzhundeausbildung als Gesamtheit, d.h. als komplexes Zusammenspiel
zwischen Gehorsamkeitstraining (Unterordnung) einerseits und Angriffs- bzw.
Verteidigungstraining (Schutzdienst) andererseits betrachtet werden müsse, die den
Hund in seiner Wesensgesamtheit überwiegend positiv, d.h. in Richtung
Unterordnung beeinflusst.
Obwohl sich in der Literatur sehr wohl Hinweise darauf finden, dass Hunde mit
Beißtraining auch in Alltagssituationen aggressiver reagieren können, ist die
Datenlage zu spärlich, um generell und zwingend auf eine erhöhte Gefährlichkeit
ausgebildeter Schutzhunde schließen zu können. Auch nach Auffassung des
Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen (BVET) besteht im Hinblick auf die
Auswirkungen der Schutzhundeausbildung auf die Aggressivität der Hunde weiterer
Forschungsbedarf. Im Gegensatz zu Hunden die keine oder eine andere
Ausbildung (z.B. Begleithundeprüfung, Obedience) absolviert haben, kann beim
ausgebildeten Schutzhunde jedoch durch ein Hör- oder Sichtzeichen ein Angriffsoder
Verteidigungsverhalten ausgelöst werden. Der Hundehalter bzw. -führer ist
damit in besonderem Maß für die hundegerechte Haltung, Verwahrung und Führung
dieser Tiere verantwortlich.
Aus tierschutzrechtlicher Sicht erweisen sich Ausbildung und Prüfung in der
Disziplin „Schutzdienst“ insofern als problematisch, als sie zu mindest eine gewisse
Affinität zum Einsatz von „Starkzwangmethoden“ aufweist. Sofern durch die in
der Prüfungsordnung vorgesehenen Stockschläge dem Hund etwa durch
Verwendung von anderen als „Softstöcken“ bzw. durch die Art der Ausführung der
Schläge (Wucht, Körperregion) Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst
zugefügt werden, wird der Tatbestand gem. § 5 Abs. 1 TSchG verwirklicht; von einer
Rechtfertigung dieser tierschutzrelevanten Beeinträchtigungen kann deshalb nicht
ausgegangen werden, da die private Schutzhundeausbildung – anders als die
Ausbildung von Hunden der Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres – nicht im
öffentlichen Interesse liegt.
In Ermangelung spezifischer rechtlicher Regelungen stellt sich die Frage, ob bzw. zu
welchem Zweck Privatpersonen Schutzhunde überhaupt „verwenden“ dürfen;
diese Frage hängt eng mit dem für die Haltung eines Schutzhundes maßgeblichen
Beweggrund zusammen. Obwohl die von einem Schutzhund ausgehende
abschreckende Wirkung häufig eine ausreichende Motivation zur Haltung bzw. zum
Führen eines Schutzhundes darstellen wird, dürfte ein nicht unbedeutender Teil der
Schutzhundehalter davon ausgehen, dass sie auch berechtigt wären, den Hund im
Ernstfall als Verteidigungs- oder gar als Angriffsinstrument „einzusetzen“. In diesem
Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich diese Befugnis auf die
„Jedermannsrechte“ – insbesondere auf die Notwehr bzw. unter besonderen
Umständen auch auf den Notstand und das Anhalterecht – beschränkt. Kommt
ein Mensch in einem solchen Fall durch den Hund zu Schaden, so ist stets zu prüfen,
ob eine Notwehrüberschreitung vorliegt bzw. der Einsatz des Hundes als
unangemessene Notstandshandlung zu beurteilen ist, sodass der „Einsatz“ eines
Hundes auch bei Vorliegen einer Notsituation durchaus unbedachte Rechtsfolgen für
den Hundehalter nach sich ziehen kann.
Wird ein Schutzhund zum Zweck der Objektsicherung auf einem ausbruchsicher
eingezäunten Grundstück gehalten, so beschränkt sich seine Funktion grundsätzlich
auf eine bloß defensive Wach- bzw. Abschreckfunktion. Kommt dennoch ein
Mensch zu Schaden, z.B. weil er unbefugt das fremde Grundstück betritt, so
kommen die zivilrechtlichen – bzw. im Fall der Tötung eines Menschen – die
strafrechtlichen Regelungen der Tierhalterhaftung (§ 1320 ABGB bzw. § 81 Abs. 1 Z
3 StGB) zur Anwendung.
War der Hund nicht ordnungsgemäß verwahrt, so liegt auch eine
Verwaltungsübertretung (§ 3 Z 1 Wiener Tierhaltegesetz) vor. Nach der Judikatur der
Zivilgerichte entspricht die Haltung eines Wachhundes auf einem fest eingezäunten
Grundstück grundsätzlich den Anforderungen nach einer „sicheren Verwahrung“.
Entspricht eine Verwahrung nach der allgemeinen Lebenserfahrung den
Anforderungen an eine ausreichende Sicherung des Tieres, so wird davon
auszugehen sein, dass auch den Anforderungen gem. § 3 des Wiener
Tierhaltegesetzes entsprochen wird. Allerdings sind auch hier die Umstände des
konkreten Einzelfalles, insbesondere die Gefährlichkeit des Hundes, zu
berücksichtigen. Durch das Anbringen einer Warntafel („Bissiger Hund“) wird der
Verwahrungspflicht auch aus zivilrechtlicher Sicht nicht entsprochen, doch kann das
Übersehen oder Ignorieren einer solchen Warnung ein Mitverschulden des
Geschädigten begründen.
Hunde, die von Angestellten privater Sicherheitsunternehmen im Rahmen ihrer
Dienstverrichtung geführt werden, dienen in erster Linie dem Zweck des „zivilen
Bevölkerungsschutzes“, d.h. dem Personen- bzw. Objektschutz durch
Privatpersonen. Funktionell sind sie damit durchaus den Diensthunden der
Sicherheitsexekutive bzw. des Bundesheeres vergleichbar. Da private Wachdienste
zunehmend auch Aufgaben übernehmen, die früher ausschließlich von der
Sicherheitsexekutive wahrgenommen wurden, scheint es sachlich nicht
gerechtfertigt, privaten Sicherheitsunternehmen das Führen von Hunden im Rahmen
der Dienstverrichtung zu untersagen. Während jedoch die Ausbildung der Hunde der
Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres strengen rechtlichen Regelungen
unterliegt, fehlen einschlägige Regelungen für die Ausbildung und den Einsatz von
Hunden privater Sicherheitsunternehmen. Anders als z.B. in Deutschland gibt es in
Österreich auch weder branchenspezifische Unfallverhütungsvorschriften noch eine
notwendige Verteidigungshandlung, d.h. das gelindeste Mittel zur verlässlichen Abwehr des Angriffes,
gerechtfertigt (vgl. § 3 StGB).
Ein generelles Verbot der Schutzhundeausbildung kann weder aus dem
Tierschutzgesetz noch aus dem Wiener Tierhaltegesetz abgeleitet werden. Für
ein solches Verbot, das z.B. im Wiener Tierhaltegesetz ausdrücklich verankert
werden müsste, spricht der Umstand, dass Ausbildung, Training und Prüfung in der
Disziplin „Schutzdienst“ sowohl aus tierschutzrechtlicher als auch aus
gefahrenpräventiver Sicht durchaus problematische Aspekte aufweisen. Der
Umstand, dass eine Erhöhung der Gefährlichkeit eines ausgebildeten Schutzhundes
im Einzelfall zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, lässt es jedoch
zumindest erforderlich scheinen, die allgemeine Zugänglichkeit und
Durchführung der Schutzhundeausbildung rechtlichen Einschränkungen,
insbesondere einer behördlichen Bewilligungspflicht, zu unterwerfen; nur diese
Vorkehrungen ermöglichen es der Behörde, die persönliche Zuverlässigkeit der
Halter und die sachgemäße und tierschutzkonforme Durchführung der Ausbildung zu
überwachen.
Auch die Ausbildung von Hunden privater Sicherheitsunternehmen bedarf der
rechtlichen Regelung, wobei sich die die Anforderungen an Hund, Hundeausbildner
und Hundeführer an den Vorgaben der Diensthunde-Ausbildungsverordnung
orientieren sollten.
Obwohl das Aggressionsverhalten zum normalen hundlichen Verhaltensrepertoire
zählt, stellt aggressives Verhalten ein im Zusammenleben mit Menschen,
Artgenossen und anderen Tieren unerwünschtes Verhalten dar. Deshalb sollte im
Sinne eines gedeihlichen Zusammenlebens von Mensch und Hund im Rahmen der
Hundeausbildung alles getan werden, um die spezielle Tiergefahr zu minimieren.
Keinesfalls kann die Schutzhundeausbildung als unverzichtbar bezeichnet werden,
da andere, menschen- und hundefreundlichere Alternativen sowohl zur sportlichen
Betätigung (z.B. Agility) als auch zum Training des Gehorsams (z.B.
Hundeführschein, Obedience) zur Verfügung stehen.