Dienstag, 22. März 2011

Susi und die Angstaggression

Vor kurzem erreichte mich ein Hilferuf der Tullner Pfotenhilfe, die Susi vor der Euthanasie gerettet hatten: Die Erstfamilie hatte keine Zeit für sie und sperrte sie einfach in den Keller. Da sie anscheinend keine Verwendung mehr für die Hündin hatten, wurde auch schon ein Termin zur Euthanasie vereinbart. Zum Glück konnte die Tullner Pfotenhilfe dies verhindern, indem sie innerhalb kürzester Zeit eine Pflegestelle fand.

Leider ging aber die Pechsträne von Susi weiter. Die Pflegefamilie, die sie eigentlich behalten wollte, kam nicht mit ihr zurecht. Angeblich sei die Hündin dominant, eifersüchtig und habe einen stark ausgeprägten Schutztrieb. Bei derartigen Beschreibungen über hundliches Verhalten bin ich sehr misstrauisch. Auch die Beschreibung auf der HP über Susis Verhalten entspricht dem typischen Klischee: Hunde, die schlecht gehalten werden, ängstlich sind, schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben und daraufhin mit Drohgebärden auf Bedrängen oder Bestrafungen reagieren, werden häufig als dominant eingestuft. Dies führt zu einer Spirale, denn dominantes Verhalten eines Hundes „rechtfertigt“ den Einsatz von Zurechweisungen, Korrekturen und Strafen, was alles nur noch schlimmer macht!


Susi wurde schließlich vor 2 Wochen in eine Hundepension gebracht, nachdem sie nicht mehr bei der zweiten Familie bleiben konnte. Leider wurde sie dort wieder in ein Kellerzimmer gesperrt, wodurch wohl ihr Trauma von der Erstfamilie wieder hochkam. Schon am zweiten Tag schnappte sie nach dem Leiter der Tierpension, als er sie zum spazieren gehen abholen wollte. Daraufhin musste sie wieder tagelang im Keller verbringen, da sie mit der Situation überhaupt nicht zurecht kam und kaum jemanden ins Zimmer ließ.

Andrea Stark von der Tullner Pfotenhilfe wandte sich schließlich an mich, da sie vom Schicksal von Spider und Blacky gelesen hatte. Durch VIER PFOTEN konnte ich hier wieder Hilfe organisieren und so besuchte ich Susi bei der Tierpension, um mir selbst ein Bild zu machen: Mensch muss kein_e Expert_in sein, um zu erkennen, dass Susis Rute immer eingeklemmt am Bauch anliegt, auch wenn sie bellt, knurrt und fletscht - vor Angst! Es ärgert mich maßlos, wie sehr diese Hündin – zumindest psychisch – misshandelt wurde.

Jedenfalls ist es kaum möglich, in einem derartigen Zustand mit einem Hund zu arbeiten. Ohne Beschäftigung, eingesperrt im Zimmer kann sich Susis Verhalten selbstverständlich nicht grundlegend verbessern, sodass sie ohne Druck und Zwang an einen anderen Ort gebracht werden kann. Hilfsangebote, die Susis Ängste einfach ignoriert hätten, indem man ihr einen Beißkorb aufzwingt, um sie so rauszuholen, lehnte ich ab. Ob das überhaupt ohne Verletzungen (beiderseits) funktioniert hätte, steht in den Sternen. Im schlimmsten Fall hätte Susi gelernt, wie hund sich am Effektivsten zur Wehr setzt: Das wollte ich unbedingt verhindern. Ich entschied mich für eine Narkose, es sollte ohnehin auch gleich ein HD-Röntgen gemacht werden. Leider verlief dies auch nicht gerade planmäßig und stressfrei, aber letztendlich konnten wir Susi in ihre neue Unterkunft bringen, wo sie mehr Platz und Frischluft hat und wo ein gefahrloses Reinigen und Füttern möglich ist. 

Susi macht bereits riesige Fortschritte. Vorgestern noch bellte, knurrte und fletschte sie mich an, als ich sie besuchte (mit Gitter zwischen uns!), heute zeigte sie sich schon viel viel „entspannter“: Susi bellte mich nur kurz an und zog sich eher zurück, als aggressiv nach vorne zu gehen, meist mit der Rute am Bauch – so viel zur Dominanz. Zwischendurch wurde sie immer wieder mal neugierig und näherte sich an – ich hatte natürlich viel Essbares dabei. 
Ich werde Susi zu keinen Interaktionen mit mir zwingen, sie soll erst wieder Vertrauen in Menschen bekommen und sich freiwillig dazu entscheiden!
Insgesamt bin ich aber sehr stolz auf die kleine, erst zweijährige Susi-Frau, die so viel miterleben musste!

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