Freitag, 20. Mai 2011

Begegnung mit unbekanntem Hund – Verhaltensregeln


Auch, oder gerade, als Nicht-HundebesitzerIn ist die Verunsicherung bei der Konfrontation mit einem unbekannten Hund groß. Die Meldungen in den Medien bewirken eine inzwischen panikartige Stimmung. Als Reaktion darauf werden Beißkorb- und Leinenpflicht verschärft: Es gibt inzwischen kaum noch Orte, an denen sich Hunde natürlich und frei bewegen können. Anstatt erhöhte Sicherheit zu gewährleisten, bewirkt dies das exakte Gegenteil, denn so könnnen Hunde ihre Bedürfnisse nicht mehr ausleben und werden gerade deshalb verhaltensauffällig.

Unfälle passieren meistens mit bekannten Hunden, dabei spielt die Rassezugehörigkeit keine Rolle. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die potenzielle Gefährlichkeit von Hunden von Lernerfahrungen abhängt und nicht an Rassemerkmalen festzumachen ist. Die Rasseliste in einigen Bundesländern vermittelt hier ein falsches Sicherheitsgefühl, diskriminiert unschuldige Hunde und deren BesitzerInnen und entbehrt jeglicher wissenschaftlicher und statistischer Grundlage! Das Problem liegt immer am anderen Ende der Leine.

Dies alles trägt oft sogar noch dazu bei, dass aus einer entspannten Situation eine angespannte wird. Hunde erkennen einerseits geruchlich, andererseits an steifen und unnatürlichen Bewegungen und fixierenden Blicken der Menschen, dass etwas „nicht passt“ bzw. Menschen Angst haben. Dieses häufig unbewusst menschliche Verhalten stellt in Hundesprache eine Bedrohung dar.
Die folgenden Verhaltensregeln wirken deeskalierend und präventiv. Übungen ohne bzw. mit bekannten Hunden sind sehr hilfreich, um im „Ernstfall“ richtig zu reagieren.

Zuerst kann Entwarnung gegeben werden: Die meisten Hunde stellen keine Gefahr dar und zeigen kein besonderes Interesse an Menschen, wenn sie von Menschen ignoriert werden.

Niemand möchte von fremden Menschen einfach so betatscht werden, so geht es auch den meisten Hunden. Da leider viele BesitzerInnen ihre Hunde falsch einschätzen, ist es gut, ein „Der tut nix!“ zu ignorieren und ausschließlich dem Hund die Wahl über Annäherung oder Nicht-Annäherung zu überlassen.

Hunde nicht einfach streicheln/betatschen/angreifen! Hunde sind keine Plüschtiere, sie verdienen respektvollen Umgang. Individualdistanz akzeptieren und entsprechend Abstand halten!

Beim Zusammentreffen mit unangeleinten, frei laufenden Hunden ist es am Besten, die Ruhe zu bewahren. Auch für uns Menschen wäre es äußerst merkwürdig, wenn aufgrund der eigenen Anwesenheit alle Leute in der Umgebung hektisch werden, wild gestikulieren, weglaufen, schreien, etc.

Bei direkter Begegnung mit Hunden ruhig stehen bleiben, zumindest Tempo verlangsamen, Arme hängen lassen. Auf keinen Fall hektisch werden oder gar weglaufen, das missversteht der Hund!

Wenn der Hund in weiterer Folge positives Interesse – erkennbar an entspannter Körperhaltung, Schwanz weder eingezogen noch hoch getragen – zeigt, ist eine Kontaktaufnahme durch ruhiges Ansprechen möglich, wenn der Wunsch dazu besteht. Lassen Sie den Hund an Ihnen schnüffeln. Übrigens: Wedeln mit dem Schwanz ist entgegen weitläufiger Meinung nicht immer ein Zeichen von Freude, es kann auch Aufregung bedeuten.

Den Hund immer von unten/seitlich streicheln (zB. Kinn, Wangen), niemals von oben! Dem Hund die Möglichkeit zum Ausweichen lassen, also weder an der kurzen Leine, noch in einer Ecke! Wenn der Hund weggeht, ist das zu respektieren!

Steht der Hund jedoch mit angespannter Körperhaltung, hoch getragenem oder eingezogenem Schwanz, eventuell blickfixierend und mit gesträubten Haaren da und/oder knurrt, ist Vorsicht geboten. Jetzt ist Ignorieren angesagt!

Zeigt ein Hund ängstliches oder gar Drohverhalten, am Besten den Körper langsam abwenden und ein Objekt in einiger Entfernung fixieren. Auf keinen Fall den Hund direkt anschauen. Die Arme hängen lassen, langsam wegbewegen. Und wichtig: bewusst normal weiteratmen!

Wenn Sie vor einem fremden Hund gestolpert sind, rollen Sie sich ein und mit den Händen Ihren Nacken schützen.

Besonders wichtig ist es, diese Regeln auch Kindern verständlich zu machen, am Besten zu Beginn ohne Hund.
Kinder sind in vielerlei Hinsicht für Hunde unvorhersehbare, kleine Menschen: Sie spielen häufig sehr laut, laufen wild, machen hektische, ungewohnte Bewegungen, etc.

Die meisten Unfälle passieren mit Hunden aus der Familie bzw. dem Bekanntenkreis. Durch die Vertrautheit vergessen Kinder (und Erwachsene) häufig wichtige Verhaltensregeln. Wichtig ist auch, dass hundefreundliche Kinder lernen, dass vor allem fremden Hunden mit viel Respekt zu begegnen ist.

Kinder und Hunde sollten niemals ohne Beaufsichtigung einer erwachsenen Person zusammen sein. Kinder sollten den respektvollen Umgang mit dem Lebewesen Hund lernen und Rücksicht nehmen. Dazu gehört, dass Hunde keine Plüschtiere sind, die immer zur Verfügung stehen. Um Sicherheit zu gewährleisten und im Interesse des Hundes, sollte immer eine störungsfreie Rückzugsmöglichkeit zur Verfügung stehen (Schlafplatz, Decke, Korb, anderes Zimmer,...).


Absolutes Tabu beim Aufeinandertreffen von Kind und Hund:

Auf den Hund zu- bzw. von dem Hund weglaufen: kann beim Hund Angst oder Jagdverhalten auslösen

Ballspiele: durch das Nachhetzen wird der Hund sehr hochgepusht, es besteht die Gefahr, dass er vor lauter Aufregung schnappt

Zerrspiele: gemeinsames Ziehen an einem Stock/Seil kann den Hund sehr aufregen, ihn eventuell sogar zum Verteidigen des Spielzeugs bringen

Rennspiele: bringen den Hund in Jagdstimmung

Schreien: können dem Hund Angst machen

Hund beim Schlafen, Essen, Spielen,... stören

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