Sonntag, 11. März 2012

Ein Hund soll einziehen – muss/soll es ein Welpe sein?




Den kleinen Fellknäuel mit den Kulleraugen, dem großen runden Kopf und der Tollpatschigkeit kann kaum jemand widerstehen. Das ist ja auch der Sinn der Sache: Kindchenschema erweckt bei uns Menschen artübergreifend „Muttergefühle“, wir fühlen uns einfach magisch besonders zu diesen hilflosen Wesen hingezogen.
Das ist wohl einer der Hauptgründe, weshalb sich – besonders ErsthundebesitzerInnen – für einen Welpen entscheiden. Doch auch rationale Argumente, die die „Vorteile“ eines Welpen gegenüber eines „Second-Hand-Hundes“ hervorheben, werden angeführt:

  1. Der Welpe passt sich perfekt an die Lebenssituation an.

    Welpen und Junghunde sind unter anderem aufgrund der sensiblen Phase der Sozialisation besonders „offen“, Neues dazu zu lernen. Das kann sich jedoch auch zum Nachteil entwickeln: Ungünstige, negative bzw. traumatisierende Erlebnisse können den süßen, unwiderstehlichen Welpen aus dem Gleichgewicht bringen. Wird das von den BesitzerInnen nicht bemerkt, bzw. wird dem nicht durch positive, gewaltfreie Trainingsmethoden entgegengewirkt, ist „schnell“ der eigene „Problemhund“ herangezogen. Noch brisanter wird die Situation, wenn der Welpe/Junghund beispielsweise aus einer Massenvermehrung kommt, bei der die bereits vor der 8. Lebenswoche eintretende Sozialisationsphase verpasst wurde. In dem Fall ist es gar nicht „notwendig“, dass der heranwachsende Hund schlechte Erfahrungen macht. Zuwenig positive Umweltreize / Erfahrungen mit Lebewesen allein können bewirken, dass der Hund in Alltagssituationen hektisch, ängstlich bis hin zu aggressiv („Angriff ist die beste Verteidigung“) reagiert, da Unbekanntes als Bedrohung wahrgenommen wird.


  2. Ein erwachsener Hund („Second-Hand-Hund“, Hund aus dem Tierheim) kann sich nicht mehr an die neue Lebenssituationa anpassen, Tierheimhunde sind schwierig.

    Hunde sind, wie Menschen und andere Tiere, ein Leben lang lernfähig. Außerdem sind sie extrem anpassungsfähig und an ein Leben mit Menschen hervorragend angepasst. Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut sich Hunde auf neue Lebenssituationen einstellen können, obwohl es selbstverständlich Grenzen gibt.
    Der Vorteil, einen erwachsenen Hund bei sich aufzunehmen, wird leider generell unterschätzt: Die „Eigenheiten“ eines bereits älteren Hundes sind in gut geführten (!) Tierheimen bzw. Vermittlungsstellen bereits bekannt, die Betreuungspersonen können wertvolle Tipps im Umgang geben und vielfach besteht die Möglichkeit, über längere Zeit durch Besuche und Spaziergänge auszutesten, ob Mensch und Hund zusammenpassen.
    Es ist auch ein Vorurteil, dass Tierheimhunde generell „schwierig“ sind. Hunde werden aus den unteschiedlichsten Grünen abgegeben, meist sind Veränderungen in den Lebensumständen der BesitzerInnen (Umzug, Scheidung, Allergie,...) ausschlaggebend. Daher gibt es unter den Tierheimhunden durchaus auch „Anfängerhunde“, die für eine 2. (oder 3. ...) Chance in ihrem Leben dankbar sind. Mit kompetenter Unterstützung (TrainerInnen, die einen gewaltfreien Umgang lehren) lässt sich bestimmt ein passender Hund für jede/n finden.

Welpenkäufe aus Mitleid (Zoo“fach“handlung, etc) mögen zwar dem Individuum helfen, letztendlich wird der Platz jedoch wieder mit neuem „Material“ aufgefüllt und durch den Kauf wird das Geschäft am Leben erhalten. Auch Hunde aus „seriöser“ Zucht (Definition?) werden produziert, weil Nachfrage herrscht, obwohl das nächstgelegene Tierheim aus allen Nähten platzt.
Angesichts dieser Tatsache ist es vor allem aus Sicht des Tierschutzes angebracht, sich die Tierheime der Umgebung anzusehen und gegebenenfalls mit einer TrainerIn des Vertrauens (Gewaltfreiheit, Training mit positiver Verstärkung) mehrere Hunde kennen zu lernen, um eine sichere und „lebenslange“ Entscheidung treffen zu können. 




Hunde, wie viele andere Tiere auch, sind leider zur Ware geworden, die weggeworfen wird, wenn sie keinen Nutzen mehr bringt oder schlicht und einfach lästig ist. Einen Hund (oder ein anderes Tier) aus dem Tierheim zu holen, trägt dazu bei, sich nicht am Geschäft mit Tieren zu beteiligen und einen kleinen, aber wichtigen, Beitrag zu leisten, dass Hunde (und andere Tiere) als Lebewesen und nicht als Ware gesehen werden. 


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